Scheinselbstständigkeit

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Freie Mitarbeiter oder Freiberufler sowie ihre Auftraggeber sehen sich in den letzten Jahren vermehrt Kontrollen ausgesetzt.

Als Scheinselbstständigkeit ist ein Arbeitsverhältnis dann einzustufen, wenn ein vertraglich als selbstständig bezeichneter Auftragnehmer tatsächlich Arbeitnehmer ist und damit sozialversicherungspflichtig angemeldet werden müsste (SG Dortmund, 11.3.2019, S 34 BA 68/18). Ärger gibt es zumeist deshalb, weil die entsprechenden Stellen die Scheinselbstständigkeit mit Zeitverzögerung, also zu einem späteren Zeitpunkt als zu Beginn der Tätigkeit, aufdecken und dann Nachzahlungen fällig werden.

Prüfungen können durchführen:
Die Deutsche Rentenversicherung Bund, (LSG Baden-Württemberg, 29.6.2017, L 10 R 592/17) Arbeitsgerichte, Finanzämter, Sozialversicherungen und Krankenkassen.

Hierbei werden die Verträge und die tatsächlich gegebenen Verhältnisse und Bedingungen im Berufsalltag geprüft. Kriterien für einen Scheinselbstständigen sind:

  • Die regelmäßige Nichtbeschäftigung von versicherungspflichtigen Mitarbeitern und
  • das dauerhafte Tätigwerden für einen einzigen Auftraggeber,
  • dessen Aufträge ihm 5/6 seines Umsatzes liefern.

Darüber hinaus ist Weisungsgebundenheit (LSG Hessen 24.11.2016 L 1 KR 57/16) ein Kriterium für Scheinselbstständigkeit, d.h., wenn der Auftraggeber Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten hat, die die unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Selbstständigen einschränken.

Die Fragen lauten also:

  • Unterliegt der Auftragnehmer den Weisungen des Auftraggebers?
  • Bestimmt der Auftragnehmer seine Arbeitszeiten selbst?
  • Grenzen sich die Aufgaben des Auftragnehmers von denen der Angestellten ab?
  • Hat der Auftragnehmer regelmäßig Bericht zu erstatten?
  • Kann der Auftragnehmer seinen Arbeitsplatz überwiegend selbst bestimmen?
  • Nutzt der Auftragnehmer Hard- und Software, die der Kontrolle des Auftraggebers nicht unterliegt?
  • Tritt der Auftragnehmer nach außen hin als Selbständiger auf?
  • Verwendet der Auftragnehmer eigenes Briefpapier, Visitenkarten, eine eigene Internetseite und tritt er unter einer eigenen Firma auf?
  • Macht der Auftragnehmer Kundenakquise und Werbung für sein eigenes Unternehmen?
  • Hat der Auftragnehmer noch andere Auftraggeber und wenn ja, mit welchen Umsätzen?

Zu beachten ist, dass diese Fragen keine harten Kriterien darstellen, sondern überwiegend bejaht oder verneint werden müssen, um die Tatsache einer Scheinselbstständigkeit festzustellen oder zu verneinen.

Die Folgen einer Scheinselbstständigkeit

Wird demnach eine Scheinselbständigkeit festgestellt, dann sind die Folgen für den Auftraggeber Haftungs- und Zahlungsverpflichtungen wie für normale Angestellte. Hierbei hat er die Sozialversicherungsbeiträge für bis zu vier Jahre rückwirkend nachzuzahlen (SG Heilbronn 10.12.2013, S 11 R 701/13). Außerdem sind Säumniszuschläge zu zahlen, wenn nicht innerhalb eines Monats nach Arbeitsbeginn ein Antrag auf Statusfeststellung positiv verbeschieden wird. Ansonsten tritt die Sozialversicherungspflicht erst dann ein, wenn eine unanfechtbare Entscheidung vorliegt.

Darüber hinaus kann das Finanzamt rückwirkend bis zu 4 Jahre Lohnsteuernachzahlungen einfordern. Wird sogar eine vorsätzliche Scheinselbstständigkeit nachgewiesen, so sind Bußgelder, Gefängnisstrafen und Rückzahlungsforderungen für bis zu 30 Jahre möglich.

Im Übrigen wird die Ausweisung der Umsatzsteuer auf den Rechnungen des Scheinselbstständigen unwirksam, d.h., dass der erfolgte Vorsteuerabzug als unzulässig gilt und die abgezogenen Vorsteuerbeträge berichtigt und zurückgezahlt werden müssen.

Und schließlich hat der bisherige Auftragnehmer ab der Feststellung der Scheinselbstständigkeit dieselben Rechte wie alle anderen Arbeitnehmer des bisherigen Auftraggebers, z.B. Kündigungsschutz, Urlaubsansprüche und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und er erhält Nettogehaltszahlungen in Höhe des bisherigen Honorars.

Aber auch für den bisherigen Auftragnehmer hat das Folgen: Der bisherige Auftraggeber kann die Arbeitnehmeranteile an den Nachzahlungen der Sozialversicherungsbeiträge für die vergangenen drei Monate vom zukünftigen Gehalt des bisherigen Auftragnehmers abziehen.

Außerdem hat der Auftragnehmer seine in der Vergangenheit ausgestellten Rechnungen, um die jetzt ungültige Umsatzsteuer zu berichtigen, darf den Vorsteuerabzug nicht durchführen und hat etwaige bereits gezogene Vorsteuern an das Finanzamt zurückzuzahlen.

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