Geschäftsführerhaftung

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Als Geschäftsführer können Sie der GmbH (Innenhaftung) oder auch Dritten (Außenhaftung) gegenüber persönlich und mit Ihrem gesamten privaten Vermögen haften.

Rechtsgrundlage für die Innenhaftung des Geschäftsführers ist § 43 GmbHG.
Nehmen Sie das nicht auf die leichte Schulter, etwa weil Sie meinen, dass die GmbH ja Ihnen gehöre. Denn unter Umständen können Dritte auf die der GmbH zustehenden Schadenersatzansprüche zugreifen: Wenn nämlich ein Gläubiger der GmbH gegen diese einen Titel hat, kann er per Zwangsvollstreckung den der GmbH gegen den Geschäftsführer zustehenden Anspruch pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen.

Bei der Außenhaftung werden Ansprüche auf Schadenersatz hingegen nicht gegen die GmbH, sondern unmittelbar gegen deren Geschäftsführer geltend gemacht. Hauptanwendungsfälle der Außenhaftung sind das Vorenthalten von Sozialversicherungsabgaben sowie die Nichterfüllung steuerlicher Pflichten. Interessant hierzu der Beschluss des BFH vom 15. November 2022 – VII R 23/19: Unfähigkeit schützt nicht vor Haftung – zur Geschäftsführerhaftung aufgrund eigenen Unvermögens.

Es gibt drei große Themenbereiche, bei denen Sie als Geschäftsführer Schwierigkeiten bekommen können:

1. die Nichtabführung von Sozialabgaben,
2. die Nichterfüllung steuerlicher Pflichten sowie
3. die Insolvenzverschleppung.

Zu 1. Nichtabführen von Sozialabgaben

Einschlägig sind hierbei im Wesentlichen die folgenden Gesetze:

§ 266a StGB Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 14 StGB Handeln für einen anderen

(1) Handelt jemand

  1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
  2. als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft oder
  3. als gesetzlicher Vertreter eines anderen,

so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen.

§ 823 BGB Schadensersatzpflicht

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckenden Gesetzes verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Ergebnis:

Gemäß § 266a I StGB macht sich strafbar, wer den auf den Arbeitnehmer entfallenden Anteil am Sozialversicherungsbeitrag den Einzugsstellen vorenthält. Die Nichtabführung des Arbeitgeberanteils ist straflos.
Zwar ist der Geschäftsführer nicht Arbeitgeber der bei dem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer, jedoch wird er gemäß § 14 I Nr. 1 StGB als Organ der Gesellschaft für die Nichtabführung der Sozialversicherungsbeitragsanteile der Arbeitnehmer bestraft.

Zugunsten des Sozialversicherungsträgers ist § 266a StGB ein sog. Schutzgesetz. In Verbindung mit § 823 II BGB hat die Krankenkasse gegen den Geschäftsführer persönlich einen Anspruch auf Schadenersatz, wenn dieser die Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge schuldhaft nicht an die Krankenkasse abführt.
Das bedeutet, dass der Geschäftsführer die nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile am Sozialversicherungsbeitrag der Angestellten aus seinem Privatvermögen bezahlen muss und zusätzlich mit Strafverfolgung zu rechnen hat.

Zu 2. Nichterfüllung steuerlicher Pflichten

Diese Pflichten werden von den folgenden Gesetzen geregelt:

§ 34 AO Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermögensverwalter

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

§ 69 AO Haftung der Vertreter

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

Ergebnis:

Danach kann sich eine persönliche Haftung des Geschäftsführers gegenüber dem Finanzamt für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH ergeben, was vor allem bei der Nichtabführung von Lohnsteuerschulden der GmbH in Betracht kommt.
Denn nach § 34 AO hat der Geschäftsführer als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Vor allem hat er dafür zu sorgen, dass die von der GmbH zu zahlenden Steuern aus den vom Geschäftsführer verwalteten Mitteln entrichtet werden.

Ergänzend dazu ergibt sich aus § 69 AO die unmittelbare und persönliche Haftung des Geschäftsführers gegenüber dem Finanzamt.
Ähnlich wie oben bei § 266a StGB gibt es auch hier ein „Schutzgesetz“: Die durch die nicht rechtzeitige Insolvenzanmeldung geschädigten Gläubiger können aus § 823 II BGB in Verbindung mit § 15a I S.1 InsO einen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Geschäftsführer persönlich haben. Und auch hier muss praktisch immer mit einer strafrechtlichen Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft gerechnet werden (§ 15a IV und V InsO).

Zu 3. Insolvenzverschleppung

§ 15a I-V InsO Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Eröffnungsantrag zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt.
(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

§ 823 BGB Schadensersatzpflicht

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckenden Gesetzes verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Ganz grundsätzlich und bis auf ganz besondere Ausnahmen, die den Erhalt der Gesellschaft für die Masse sichern, sollten Sie daher als Geschäftsführer nach eingetretener Insolvenz keinerlei Zahlungen mehr leisten. Denn Sie haben bis auf die o.a. Ausnahmen nach § 64 S. 1 und 2 GmbHG der GmbH alle Zahlungen zu ersetzen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden (Innenhaftung, s.o.).

§ 64 GmbHG Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung

Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind. Die gleiche Verpflichtung trifft die Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der in Satz 2 bezeichneten Sorgfalt nicht erkennbar. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 43 Abs. 3 und 4 entsprechende Anwendung.

Aus dem gleichen Grunde schließen Sie bitte nach eingetretener Insolvenz keine Verträge mit Zahlungsverpflichtungen für die GmbH mehr ab, denn wenn letztere diese insolvenzbedingt nicht mehr erfüllen kann, muss der Geschäftsführer den sog. „Neugläubigern“ persönlich und aus seinem eigenen Vermögen den Schaden ersetzen, den sie durch das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der GmbH erlitten haben (Außenhaftung, s.o.).

Den „Altgläubigern“ der Gesellschaft hingegen, die bereits vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Forderungen hatten, könnte durch die Insolvenzverschleppung durch neue Schulden und der Verminderung ihres Anteils an der Quote ein Schaden entstehen, den der Geschäftsführer ebenfalls persönlich auszugleichen hat (Außenhaftung, s.o.).

Schließlich können alle diese Handlungen neben anderen spezialgesetzlichen Straftatbeständen einen sog. „Eingehungsbetrug“ darstellen, d.h. eine betrügerische Handlung dadurch, dass der Geschäftsführer Verpflichtungen in dem Wissen eingeht, diese womöglich nicht mehr erfüllen zu können.

§ 263 StGB Betrug

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

  1. gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
  2. einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
  3. eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
  4. seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger missbraucht oder
  5. einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.
(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.
(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).
(7) Die §§ 43a und 73d sind anzuwenden, wenn der Täter als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat. § 73d ist auch dann anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt.

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